Wachstumschancengesetz: Verbot von PDF-Rechnungen?

An alle B2B Dienstleister, Unternehmer und Freiberufler!

Das Bundesfinanzministerium hat den Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetzt mit Bearbeitungsstand vom 14.07.2023 veröffentlicht. Ich habe mir Artikel 27 und 28 genauer angeschaut und sofern ich den Text richtig verstehe, wird es ab 2026 sehr spannend werden!

Alle B2B Leistungen über 250€ sollen demnach ab 2026 (bzw. falls der Rechnungsempfänger zustimmt ab 2028) nur noch als elektronische Rechnung abgerechnet werden. Zudem muss die Echtheit der Rechnung durch eine qualifizierte elektronische Signatur nachgewiesen werden.

„Die elektronische Rechnung muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 (ABl. L 133 vom 6. 5. 2014, S. 1) entsprechen.“ (siehe Artikel 27, Seite 65 Referentenentwurf)

Nach kurzer Recherche interpretiere ich dies wie folgt:

  1. Jeder, der Waren oder Dienstleistungen über 250€ an Unternehmen verkauft, wäre ab 2026 betroffen.
  2. In 2026 und 2027 können Kunden Rechnungen einfach ablehnen, wenn diese nicht der EU-Norm entsprechen.
  3. Durch die Neuregelung entsteht Investitionsaufwand zur Umstellung für alle, also auch für kleine Startups und Freiberufler mit wenigen Rechnungen im Jahr.
  4. Potential für nennenswerte Kosteneinsparungen vermute ich eher bei den mittleren und großen Unternehmen, welche viele Rechnungen be- und verarbeiten müssen.
  5. Das Finanzamt kann deutlich einfacher prüfen, ob Rechnungen einseitig geändert bzw. auf Empfänger und Ausstellerseite identisch gebucht worden sind.

Bitte nicht falsch verstehen – ich befürworte sinnvolle Digitalisierung und auch eine prozessuale Verpflichtung dazu. Mich stört jedoch der Umstand, dass man im Finanzministerium wenig bis gar nicht über Gegenleistungen nachzudenken scheint.

Mein Vorschlag wäre, dass der Bund kostenlos und bereits im Vorfeld einer solchen Verpflichtung eine gut durchgetestete Software für die Rechnungserstellung bereitstellt und diese dann nach und nach um optional nutzbare Features wie einer automatischen Umsatzsteuervoranmeldung oder einer automatischen Bilanzerstellung etc. erweitert.

Wir alle zahlen für unser Gemeinwesen zurecht Steuern. Steuerberater übernehmen dabei zwei grundlegende Funktionen, nämlich einerseits die Beratung zur Steuergestaltung im Sinne Ihrer Kunden und andererseits die Berechnung, Aufbereitung und Abgabe von Steuererklärungen im Sinne des Gemeinwesens. Aber warum müssen wir letzteres tun? Anstatt unsere teuer bezahlten Aufbereitungen teuer zu prüfen, könnte das Finanzamt mithilfe der E-Rechnungen als Service selbst die Steuerberechnung vornehmen und es uns überlassen, ob wir nachprüfen oder nicht.

Meine Befürchtung ist jedoch, dass es ähnlich wie schon bei der Grundsteuerreform sehr chaotisch zugehen wird und Unternehmen, Steuerberater und Finanzämter mit viel unverständlichem Aufwand, Widersprüchlichkeiten und Frust zu tun haben werden.

Viele Grüße

Ramin Radpour

 

Quellen

Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetzt 
Aktuelle Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 
Unterschied zwischen Papier-, PDF- und E-Rechnung

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