Teil 2: (Solo-)Selbständigkeit ist erstrebenswert und wichtig – weniger Bürokratie und Rechtssicherheit auch!
Im ersten Teil meines Beitrags habe ich die Bedeutung der Solo-Selbständigkeit in Deutschland dargestellt. Und auf der Grundlage einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e. V. auch hergeleitet, dass Solo-Selbständigkeit sehr erstrebenswert sein kann. Im Folgenden gehe ich darauf ein, warum Rechtssicherheit nicht nur für Solo-Selbständige wichtig ist und wie diese erreicht werden kann.
Rechtssicherheit ist wichtig
Was braucht unsere Wirtschaft? Unter anderem Innovationsfähigkeit und Stabilität. Stabilität heißt auch Rechtssicherheit. Gerade für Soloselbständige und ihre Auftraggeber ist Rechtssicherheit im Sinne von Status wichtig. Das bedeutet Verlässlichkeit über den Status der Selbständigkeit. Und dafür muss das Statusfeststellungsverfahren dringend reformiert werden. Das Statusfeststellungsverfahren wird von der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt. Es dient der Feststellung des Status „selbstständig“ oder „nicht selbstständig“ und bezieht sich auf den temporären Zustand eines Projektes, stellt also eine Momentaufnahme dar. Dieses Verfahren sollte digitalisiert und vereinfacht werden. Das Ergebnis muss dauerhaft Rechtssicherheit schaffen.
Dies wurde auch im Koalitionsvertrag vereinbart: „Selbstständige sind ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und Wirtschaft“. Das Statusfeststellungsverfahren soll beschleunigt und verbessert werden. „Ziel ist es, unbürokratisch Rechtssicherheit in der digitalen und agilen Arbeitswelt zu schaffen.“ Die Koalition hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen: „Wir wollen das Statusfeststellungsverfahren für Selbstständige vereinfachen und widerspruchsfrei zwischen den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung gestalten.“
Die am häufigsten genannte Folge der Unsicherheit, die das Verfahren auslöst, ist laut Studie der Mehraufwand bei der Auftragsakquise. Rund 50 Prozent der Befragten geben hier negative Auswirkungen an. Letztlich fehlt diese Akquise-Zeit nicht nur für die Kerntätigkeit und das eigentliche Know-how wird zeitweise nicht genutzt, sondern die auftragslose Zeit wirkt sich auch negativ auf den Gewinn des Selbstständigen und damit auf das Steueraufkommen aus.
Aber: Die Ampel hat bisher nichts unternommen, um das Verfahren zu verbessern oder gar grundlegend zu reformieren. Im Gegenteil: Der Fragebogen zur Statusklärung (C0031) wurde kürzlich von drei auf zwölf Seiten erweitert. Bei den Fragen wurde verstärkt eine Art Ampelversion (rot – gelb – grün) eingesetzt. Zudem werden tendenziell mehr Kriterien abgefragt, die für eine Sozialversicherungspflicht (also einen Arbeitnehmerstatus) sprechen.
Mehr Rechtssicherheit schaffen
Wie ließe sich mehr Rechtssicherheit schaffen? Ein Ansatzpunkt könnten Positivkriterien sein, die das Vorliegen von Selbständigkeit bestätigen. Weg vom temporären Einzelfall hin zu einer grundsätzlichen und dauerhaften Bejahung der Selbständigkeit. Positivkriterien würden die Selbständigkeit bestätigen und diesen Status vom Arbeitnehmerstatus abgrenzen. Diese Positivkriterien würden z.B. laut Europäische Gerichtshof (EuGH) für eine selbständige Tätigkeit sprechen:
– Delegation von Aufgaben an Dritte
– Ablehnung von Aufträgen
– Annahme von Nebenbeschäftigungen
– Annahme von Aufträgen auch von direkten Wettbewerbern des Auftraggebers
– Freie Einteilung der Arbeitszeit innerhalb eines bestimmten Rahmens
Würden Selbständige ihre Selbständigkeit aufgeben, stünde ein Teil von ihnen zwar dem Arbeitsmarkt als abhängig Beschäftigte zur Verfügung. Eine effiziente Nutzung knapper personeller Ressourcen in einer Schlüsselfunktion wäre dies jedoch nicht. Im Falle von Selbständigen, die ihre Tätigkeit ins Ausland verlagern, gehen diese Ressourcen dem deutschen Arbeitsmarkt möglicherweise ganz verloren.
Die institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen – im Sinne von Bürokratieabbau und moderner Gesetzgebung – sollten verändert werden. Unternehmertum und Selbständigkeit müssen und sollen sich lohnen und gefördert statt behindert werden.
Letztlich geht es um die Selbstbestimmung eines erheblichen Teils unserer Gesellschaft, insbesondere der Leistungsträger unseres Landes. Das Recht auch auf Selbständigkeit. Denn diese führt laut Studie zu mehr Zufriedenheit. Und das könnte ein Lebensziel für möglichst alle Menschen sein.
Viele Grüße
Matthias Ruff